Waldbeeren und das Märchen vom Fuchsbandwurm

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Wer momentan an schönen Tagen durch den Wald geht stellt eines fest – die Waldbeerensaison hat begonnen! Egal ob wilde Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren oder Heidelbeeren (im Erzgebirge Schwarzbeeren genannt), überall sind die ersten kleinen Beeren zu sehen. Diese reifen durch das schöne Wetter schnell und werden schon bald bereit zum Verspeisen sein.

 

Doch wenn ich an Waldbeeren denke, höre ich immer die Stimmen meiner Eltern und Großeltern in meinem Kopf die mir sagen: „Iss im Wald keine Beeren, sonst bekommst du den Fuchsbandwurm!“.

 

Da ich aber auf meinen Wanderungen einfach nicht widerstehen kann und mich die großartig und intensiv schmeckenden Beeren einfach magisch anziehen habe ich mir schon vor längerer Zeit die Mühe gemacht und den Wahrheitsgehalt dieser Erziehungsweisheit überprüft. Und das mit einem für mich beruhigenden Ergebnis.

 

Auf die Frage die ich mir als erstes stellte ob der berüchtigte Fuchsbandwurm gefährlich für den Menschen ist muss man eindeutig mit Ja antworten. Die Krankheit des Wurmbefalls wird als alveoläre Echinokokkose bezeichnet. Dabei dringen die Würmer durch den Körper aus dem Darm in die Leber, seltener auch in die Milz, Galle Lunge oder sogar ins Gehirn. Dort bilden sich dann Zysten die sich immer weiter vergrößern und ein Krankheitsbild entwickeln, das dem eines bösartigen Tumors gleicht. Und genau wie dieser können sich auch diese Zysten über den Blutkreislauf verbreiten und streuen. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten erster Symptome kann bis zu 15 Jahre betragen und wie die Signalworte böser Tumor schon vermuten lassen kann die Krankheit ohne Behandlung zum Tod führen. Zu Beginn der Infektion treten kaum Symptome auf, die den Verdacht auf den fuchsbandwurm lenken würden. Selbst nach vielen Jahren treten zunächst nur unspezifische Anzeichen wie Abgeschlagenheit, Bauchbeschwerden und Gelbsucht auf. In diesem Krankheitsstadium hat das Larvengewebe im Körper meist schon eine beträchtliche Größe erreicht. Man kann eine Erkrankung aber frühzeitig mit einem Bluttest erkennen und mit Medikamenten zumindest beherrschen.

 

Das klingt natürlich erst einmal alles sehr dramatisch und überhaupt nicht beruhigend. Deshalb recherchierte ich weiter wie man sich ansteckt und wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist.

 

Wie wahrscheinlich jedes Kind weiß und auch der Name schon sagt wird der Fuchsbandwurm hauptsächlich vom Fuchs übertragen. Dabei hat bei weitem nicht jeder Fuchs den Parasiten in sich. Zwar konzentriert sich das Verbreitungsgebiet des Wurms in Mitteleuropa und somit auch in Deutschland, aber auch hier kann sich der Befall regional unterscheiden stark unterscheiden. In manchen Regionen Deutschlands sind nur rund 5 % aller Füchse befallen, in anderen wie Südwestdeutschland teils bis zu 72 %.

Der Fuchs als Wirt

Aber egal ob man sich in einem Gebiet mit starken oder mit schwachem Befall befindet wird der Fuchsbandwurm ausschließlich über die Ausscheidungen, also den Kot, der Füchse in die Umwelt gebracht. Hierdurch können sich zwar andere Wildtiere oder Hunde anstecken, aber für den Menschen besteht nur eine äußerst geringe Ansteckungsgefahr, da ein direkter Kontakt von den infizierten Hinterlassenschaften des Fuchses zum Mund bestehen muss.

 

Deshalb hat sich Professor Klaus Brehm, Biologe am Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg, auch in einem Interview wie folgt geäußert:

„Ein Sechser im Lotto ist wahrscheinlicher, als sich durch den Verzehr von Waldbeeren mit dem Fuchsbandwurm zu infizieren.“

In Deutschland werden pro Jahr nur ca. 30 Neuerkrankungen der meldepflichtigen Erkrankung angezeigt. Die alveoläre Echinokokkose zählt somit zu den seltensten durch Parasiten hervorgerufenen Krankheiten Europas.

 

Der Parasit: Fuchsbandwurm

Zur Risikogruppe zählen Landwirte, Jäger und Waldarbeiter da sie relativ direkt mit den Wurmeiern in Kontakt kommen können. Auch Hundebesitzer die viel mit ihrem Vierbeiner durch die Wälder streifen sind minimal stärker gefährdet, da auch der Hund als Wirt des kleinen Parasiten dienen kann und sie zum Menschen bringen kann.

Risikogebiet ist wie oben schon beschrieben Südwestdeutschland inklusive Hessen und ganz besonders die Schwäbische Alb. Ob man bei den genannten Ansteckungszahlen überhaupt von Risiko sprechen kann muss durch jeden selbst beurteilt werden.

 

Also stellte ich mir am Ende meiner „Ermittlungen“ die alles entscheidende Frage: Besteht beim Verzehr der leckeren Waldbeeren die Gefahr den Fuchsbandwurm aufzunehmen?

 

Es ist entgegen der vielen Gerüchte und der familiären Ratschläge von keinem Fuchsbandwurm-Patienten bekannt, dass er oder sie sich durch Waldbeeren angesteckt hätte. Beeren die hoch über dem Boden wachsen, wie Brombeeren oder Himbeeren, scheiden als Infektionsquelle komplett aus, da es wohl keine mögliche Variante gibt wie sie mit Fuchsexkrementen in Berührung kommen sollen. Diese Früchte des Waldes kann man also völlig bedenkenlos genießen. Allenfalls bodennahe Beeren wie Walderdbeeren oder Heidelbeeren wachsen nah am Boden und könnten ein leicht erhöhtes Risiko mit sich bringen. Dabei ist zu beachten, dass die Beeren ja selbst nicht die Erreger in sich tragen können sondern mit kontaminiert sein müssen. Und ich traue Jedem die Intelligenz zu, keine Waldbeeren zu essen an denen Fuchskot hängt. ;)

 

Wer die Beeren sammelt um sie zu Hause zu verarbeiten sollte beachten, dass die Erreger nur durch Hitze zu vernichten sind. Kälte verkraften sie sehr gut und sind bei niedrigeren Temperaturen teils noch aktiver. Selbst ein Einfrieren über einen längeren Zeitraum überstehen die Wurmeier problemlos. Also kocht die Früchte lieber zu Marmelade ein, die sicherlich genauso gut schmeckt.

 

Also greift beim nächsten Mal beruhigt zu wenn ihr während eurer Wanderung an leckeren Himbeeren vorbei streift. Ihr könnt die Sorgen bei Seite packen und den Geschmack voll genießen.

Alternativ könnt ihr euer neu erworbenes Wissen und diesen Bericht natürlich auch nutzen um eure Eltern zu belehren, so wie sie es früher mit euch versucht haben. ;)

Egal welche Option ihr wählt – ich wünsche euch gutes Gelingen.

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