Aufstieg zur Alpspitze Teil 2

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Die Alpspitze – 2.628 Meter hoch – Hausberg von Garmisch-Partenkirchen – das Gipfelkreuz – mein Ziel. Wie in Teil 1 beschrieben hatte ich den Weg zum Osterfelderkopf bereits hinter mir gelassen und stand mit meinen Freunden an der Bergstation der Alpspitzbahn. Vor uns lagen jetzt runde 600 Höhenmeter bis zum Gipfel, der sich nur über Klettersteige erreichen lässt. Die Sonne schien, die Ausrüstung war angelegt und doppelt auf sicheren Sitz geprüft und die Motivation war hoch. Es war also alles angerichtet um unser Tagesziel anzugehen.

Nachdem wir die anderen 70 Menschen, die mit meinen Begleitern zusammen aus der ersten Gondel gefallen waren, etwas vor gelassen hatten, starteten wir auch zum Einstieg des Klettersteigs.

Der Zustieg

Der Zustieg Teil 2
Der Zustieg Teil 2

Auf relativ ebenen und gut ausgeschilderten Wegen ging es Richtung Klettersteig. Einzige kleine Hürde war eine Felsspalte in der man das erste Mal etwas kraxeln muss um die drei Meter Höhenunterschied zu überwinden. Ansonsten liefen wir mit herrlichen Talblicken entlang der Bergflanke. Am Ende des Weges erwartete uns ein Geröllfeld mit dem Einstieg zum Klettersteig am oberen Ende. Trotz dass wir unsere Tour Ende Juni machten erwartete uns schon hier ein kleines Schneefeld, das den Einstieg zusätzlich interessant machte. Viele Kletterer legten erst hier ihre Ausrüstung an und deshalb merkten wir deutlich, dass der Alpspitzklettersteig einer der beliebtesten Deutschlands ist. Es herrschte reger Betrieb und vom Anfänger bis zum Halbprofi war alles vertreten. Alte Berggeschichten hier, Sicherheitseinweisung dort und muntere Gespräche über das zu Erwartende aus allen Richtungen. Da wir uns schon eher für das Anlegen der Ausrüstung entschieden hatten, konnten wir an allen vorbei direkt zum Einstieg gehen.

Der Klettersteig

Den Einstieg bildete eine lange Leiter aus eingeschlagenen Trittbügeln und –stiften, mit deren Hilfe wir schnell an Höhe gewannen. Der Steig ist hier etwas anspruchsvoller ohne wirkliche Schwierigkeiten zu entwickeln und danach wird das Gelände flacher. Nach weiteren kurzen Passagen mit vielen eingeschlagenen Sicherungen ging es in ein Wegstück auf welchem man mehr Gehen als wirklich Klettern kann. Aber auch hier könnt ihr euch fast durchgehend sichern und gelangt so an eine fast senkrechte Felswand, an der man herrlich die Kraft des Wassers und Eises sehen kann. Die Wand ist durch die Erosion komplett glatt geschliffen und so nur mit Hilfe der über 40 eingeschlagenen Metallbügel zu überwinden. An den beiden genannten Leitern staute es sich leider etwas, da die vielen Menschen an diesem Klettersteig doch recht unterschiedliche Geschwindigkeiten an den Tag legten.

Das Gelände veränderte sich in der Folge von festem Gestein in einen schottrigen Untergrund der die Gefahr von Steinschlag steigen ließ. Einen kleinen Steinabgang mussten wir auch erleben und haben hierdurch wieder gemerkt wie wichtig ein Helm sein kann.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle allen noch einmal dringend dazu raten solche Klettersteige nur mit der passenden Ausrüstung in Angriff zu nehmen. Wir sind auf dieser Tour auf Touristen gestoßen, die in Leggings und mit Handtasche unterwegs waren und scheinbar nicht realisiert haben, wie gefährlich so eine Unternehmung sein kann. Durch solche Unbedachtheiten kommen immer wieder schlimme Unfälle am Berg in die Medien und rücken den kompletten Alpinsport in ein schlechtes Licht. Abgesehen davon bringen diese Menschen im Falle eines Absturzes auch andere in Gefahr und schaffen neben ihrem persönlichen auch noch fremdes Leid. Was ihr für Ausrüstung für das Klettersteiggehen braucht, erfahrt ihr in Kürze bei hikerz.

Im Zickzack in Richtung blauen Himmel
Im Zickzack in Richtung blauen Himmel

Auf dem Geröllfeld ging es, immer wieder unterbrochen durch kleinere Kletterteile, im Zickzack-Kurs hinauf zum Nordwestgrat. Belohnt wurden wir schon hier mit wunderbaren Ausblicken in alle Richtungen. Von hier konnten wir auch die direkt in die berühmte Höllentalklamm schauen, die wir uns in diesem Moment für einen späteren Besuch in den nächsten Jahren vorgemerkt haben. Die Steigung hielt sich in diesen Teilstücken in Grenzen und war gut zu verkraften. Am Nordwestgrat angekommen wartete das steilste, aber für mich auch schönste, Stück des Weges auf uns. Hier ging es direkt an der Steilwand entlang, die diesen Namen absolut verdient hat. Teils standen wir nur auf einzelnen Stahlstiften und unter unseren Füßen ging es mehrere hundert Meter in die Tiefe. Eine geniale Perspektive die mich als Höhen-Junkie unglaublich glücklich gemacht hat. Für alle mit Höhenangst geschlagenen Menschen stellt dieses Stück wohl eine echte Herausforderung dar. Auch die sich anschließenden letzten Trittbügel in Form einer Leiter waren „freischwebend“ und bildeten die letzte Hürde vor dem Gipfel. Am Gipfelkreuz angekommen schrieben wir uns in das Gipfelbuch ein, das eines der dicksten Bücher war das ich je in den Händen hielt, und uns erwartete ein dahinter liegendes kleines Plateau, welches den eigentlich höchsten Punkt der Alpspitze beheimatet und von uns als Rastplatz genutzt wurde. Hier waren wir etwas entfernt vom Gipfelkreuz und dem nicht enden wollenden Strom von nachkommenden Alpinisten. In dieser ruhigeren Ecke der Alpspitze entspannten wir und machten eine ausgiebige Mittagspause. Dabei fanden wir trotz der vielen Menschen die Ruhe um den Berg, die schöne Aussicht und die zutraulichen fast schon frechen Vögel (Dohlen) zu genießen. Nach ca. 50 Minuten in der Idylle der Alpen verabschiedeten wir uns von der Alpspitze und dem Blick zur Zugspitze und machten uns an den Abstieg. Der Abschied wurde begleitet und erleichtert durch heraufziehende Wolken, die den Gipfel und die Sonnenstrahlen langsam schluckten.

Der Abstieg

Geplant war der Abstieg über die Ostflanke der Alpspitze. Dieser Weg war aber durch ein großes Schneefeld und den Nebel kaum erkennbar. Deshalb sind wir über den Ostgrat und weiter über den Nordwandsteig abgestiegen. Den ersten Teil bildet ein großes Geröllfeld mit sehr losen Steinen. Die zu diesem Zeitpunkt herrschende Mischung aus Geröll und Schneeresten machte die Sache sehr heikel. Eine Frau aus einer Gruppe wenige Meter vor uns rutschte weg und fiel schmerzhaft. Spätestens hier waren wir froh unsere Stöcke den ganzen Berg hinauf geschleppt zu haben. Es erleichterte den Weg ungemein und gab uns Sicherheit auf Stein und Schnee. Am Ende des Geröllfeldes ging es wieder in einen Klettersteig, der aber nur teilweise versichert ist. Durch einige Rinnen, über Gratwege und ungesicherte Kletterstellen ging es hinab Richtung Tal. Da es links und rechts des Weges immer wieder sehr steil mehrere hundert Meter in die Tiefe ging, ist auch diese Passage nichts für Menschen mit leichter Höhenangst. Hier wünschten wir uns mehr Sicherungsmöglichkeiten. Vorteil dieser Strecke war jedoch die deutlich geringere Anzahl an Menschen im Abstieg.

Weiter ging es am Grat entlang mit schroffen Felsformationen zu beiden Seiten, die zusammen mit dem Nebel eine ganz spezielle Atmosphäre schafften. Das hatte genauso seinen Reiz wie der Sonnenschein im Aufstieg.

Auch hier wieder Schnee und Geröll
Auch hier wieder Schnee und Geröll

Nach einem Richtungswechsel verließen wir den Grat und stiegen hinab zu einem großen Schneefeld. Nach dessen Überquerung steigt man in den Nordwand-Klettersteig ein, der wieder nahezu durchgängig gesichert ist. Wie der Name schon sagt verlief er entlang der fast senkrechten Nordwand. Durch teils in den Fels gesprengte Wege ließ er sich jedoch ohne größere Probleme gehen. Einzige kleine Hürde war eine längere Leiter, die dem Einen oder Anderen Probleme im Abstieg bereitete. Als Entschädigung bekamen wir jedoch zwei kleine Tunnel mitten durch den Fels geboten. In einem dieser Tunnel wurde sogar ein Loch gesprengt welches einen wunderschönen Ausblick bietet. Die Öffnung war auch Schauplatz für einen der schönsten Momente der Tour für mich. Am oberen Ende des Lochs, mitten im Fels, kopfüber und im Schatten liegend hat sich eine kleine Blume den unwirklichen Raum erobert und klammerte sich förmlich an den Fels. Ein Zeichen für die Kraft der Natur, das bei mir hängen geblieben ist.

Nach weiteren Metern im Abstieg endet der Klettersteig wenige Meter vom Einstieg entfernt. So nutzten wir den Weg des Zustieges auch auf dem Rückweg und gelangten geschafft aber glücklich wieder zurück zum Osterfelderkopf. Hier erwartete uns auch, neben unzähligen Touristen aus aller Herren Länder, wieder die Sonne.

Da wir noch einige Minuten auf die nächste Bahn warten mussten, die uns zusammen mit den ganzen Lauffaulen ins Tal zurück bringen sollte, konnten wir noch ein paar Eindrücke auf dem Platteau sammeln. Hierzu zählten natürlich auch einige Schritte auf dem berühmten Alpspix, einer freischwebenden Plattform die ich schon im Teil 1 beschrieben hatte.

Fazit

Der Klettersteig zur Alpspitze wird in allen einschlägigen Klettersteigseiten und -führern als ideale Anfängerstrecke beschrieben, die mit reichlich vorhandenen Sicherungen aufwartet. Diesem „Urteil“ möchte ich auch nicht komplett wiedersprechen sondern es mit einigen Einschränkungen versehen. Um diese Tour zu meistern solltet ihr auf jeden Fall trittsicher und schwindelfrei sein, sowie bedingt durch die erhöhte Steinschlaggefahr an manchen Stellen über die passende Ausrüstung verfügen.

Durch die große Beliebtheit und den Einsteiger-Charakter ist der Klettersteig extrem gut besucht und man sollte die Begehung am besten unter der Woche planen. Damit vermeidet man den ganz großen Andrang, der besonders Anfänger unnötig unter Druck setzen kann. Und nichts ist beim Sammeln erster Erfahrungen unangenehmer als eine Meute von erfahrenen Alpinisten im Nacken die angesichts der verlorenen Zeit stöhnen.

Auch wenn der Steig keine Höchstschwierigkeiten bietet solltet ihr ihn nicht unterschätzen. Wegen seiner Länge, der damit einhergehenden erforderlichen lang anhaltenden Konzentration und den ständig einwirkenden Umwelteinflüssen wie Sonne und Wind ist schon ein gewisses Mindestmaß an körperlicher Leistungsfähigkeit erforderlich. Jeder halbwegs gesunde und bergbegeisterte Mensch sollte es jedoch schaffen.

Allen denen diese Einschränkungen kein Kopfzerbrechen bereiten bietet sich aber mit dem Alpspitz-Klettersteig die Möglichkeit auf den zweithöchsten Berg Deutschlands zu gelangen. Auch erfahrene Kletterer, die diesen Steig meist durch die vielen Sicherungen als zu „metallisch“ und unnatürlich empfinden, werden dabei positiv überrascht sein.

Denn der Weg zum Gipfel bietet neben dem wunderbaren Bergfeeling auch geniale Ausblicke, einige Adrenalin-Spitzen und reichlich Möglichkeiten zum Austoben, egal ob ihr als Einsteiger oder Fortgeschrittener am Berg unterwegs seid. Und am Ende steht immer das glückliche Gefühl einen Punkt erreicht zu haben, den nicht jeder Mensch erklimmen wird. Und ich bin fest überzeugt, dass diese innere Motivation und die Liebe zu den Bergen Antrieb fast aller Bergsteiger ist und die Schwierigkeit des Aufstiegs nur eine untergeordnete Rolle spielen lässt. Also genießt einfach die Berge und das Erlebnis des Alpspitz-Klettersteigs.

Wir konnten den Tag trotz aller kleinen Widrigkeiten in vollen Zügen auskosten und unendlich viele schöne Erinnerungen sammeln. Ich bin immer noch dabei die Eindrücke zu verarbeiten und zu verinnerlichen, wobei mir mein Blog wie immer hilft.

Ich hoffe dieser Beitrag macht euch Lust auf einen der beliebtesten Klettersteige Deutschlands für den es auch von mir eine absolute Empfehlung gibt. Gerade die von mir begangene Tour vom Fuß der Alpspitze bis zum Gipfel bietet alles was das Bergsteiger-Herz begehrt. Von Wanderromantik bis hin zu adrenalinlastigen Kletterpassagen habe ich alles erleben dürfen. Gespickt mit den Bildern eines Sonnenaufgangs in den Bergen und den wechselnden Landschaften zwischen Tal und Gipfel habe ich nicht nur viele Szenerien auf der SD-Karte meiner Kamera sondern auch in meinem Kopf speichern können. Der ganze Trip hat mich zwar mit seinen fast 22 Kilometern und 2890 Höhenmetern ganz schön geschafft aber vor allem bereichert. Es war wohl nicht mein letzter Besuch an der Alpspitze, schätze ich. ;)

 

Wenn ihr diese Bereicherung auch erleben wollt und auf „meinen“ Wegen gehen wollt stehen die GPS-Daten der Tour wie immer zum Download bereit.

volle Distanz: 21621 m
Maximale Höhe: 2576 m
Gesamtanstieg: 2890 m
Download

4 Responses

  1. Steffen Cunradi

    Hallo Hikerz,
    habe deinen zweiteiligen Bericht mit sehr viel Freude gelesen, war ich doch erst vorgestern selbst auf der Alpspitze. Die Tour kam für mich ziemlich ungeplant, wollte ich doch eigentlich nur bis zum Osterfelderkopf aufsteigen, um zu sehen, was konditionell am Anfang der Saison schon geht (sitze tagsüber in eimem Büro mitten in München)😉
    Mein Aufstieg dorthin war der selbe, den du in Teil 1 beschrieben hast.
    Da ich aber am O’kopf noch Kraftreserven verspürt habe (bin bis dahin eher gemütlich hochspaziert und habe immer wieder die tolle Landschaft mit ihrer blühenden Vegitation fotographiert), bin ich nun deinen Abstiegsweg (Nordwandsteig) immer weiter hoch gegangen, bis ich mich tatsächlich auf dem Gipfel der Alpspitze wiederfand…
    War schon recht spät (16 Uhr), ich war der letzte dort oben und genoss ein paar Minuten die vollkommene Bergeinsamkeit.
    Die vorletzten Wanderer habe ich noch über die Begehbarkeit der Ferrata befragt und sie gaben mir grünes Licht (wegen des warmen Frühlings sind die Nordalpen schon so schneearm wie selten um diese Jahreszeit).
    Die Ferrata sehr konzentriert (da ohne Set und Helm) abgestiegen (war ja gottseidank der Letzte) und am Kreuzeck um 19:30 Uhr a gscheide Radlermaß, da ich am Verdursten war. Schließlich in der Dämmerung wieder unten am Parkplatz.
    Hätte nie gedacht, dass ich das mit 57 nochmal schaffe, ganz ohne Bahn, aber das Tempo ist fast alles, gemütlich geht noch wahnsinnig viel…
    Die Heimfahrt nach München war in meinem Zustand fast gefährlicher als die Bergtour selber😉
    Eine Frage am Schluss: Vom Parkplatz bis auf den Gipfel dürften es eigentlich mit den wenigen Gegenanstiegen „nur“ maximal 2000 hm sein, die es zu überwinden gilt?

    Hoffe, ich habe dich nicht gelangweilt mit meiner Geschichte, habe mich einfach spontan zu einem Kommentar entschlossen, nachdem dein Bericht in mir die frischen Erinnerungen wachrief.

    Kameradschaftliche Grüße aus München,
    Steffen

    • Toni

      Hallo Steffen,
      es freut mich sehr, dass ich dir einen kleinen Flashback verschaffen und dir Freude machen konnte. Und ein Kommentar ist immer gerne gesehen, auch weil ich mich dann nochmal mit den Touren befasse und auch bei mir die Erinnerung wieder aufkommt. Und gerade an diese Tour erinnere ich mich sehr gern, da ich die von dir beschriebene Einsamkeit am frühen Morgen hatte. Das war schon ein ganz besonderer Moment.
      Du warst aber wirklich „etwas spät dran“ auf dem Gipfel. Aber wenn man so weit gekommen ist kann man auch nur schwer vor dem Gipfel abbrechen, egal wie spät es ist. Ich kenne diesen inneren Konflikt nur zu gut.! ;)
      Also die reinen Höhenmeter in „Luftlinie“ sind wirklich ca. 2000. Aber du solltest die Gegenanstiege, insbesondere nach dem Kreuzeck und den Lengenfeldern nicht unterschätzen. In der Ferrata sind auch etwas mehr gegenanstiege vorhanden als in deiner Weg-Variante. Die von mir angegeben runden 2800 Höhenmeter entstammen meiner Sportuhr mit integriertem Höhenmesser. Der schenke ich jetzt einfach mal Vertrauen…was bleibt mir auch anderes über. ;)

      Viele Grüße ins schöne Bayern aus dem Erzgebirge.

      Toni / hikerz

  2. Bergmuffl

    Schöner Bericht!
    Aber die Alpspitze ist nicht der zweithöchste Berg Deutschlands, sondern befindet sich auf dem 18. Platz.

    • Toni

      Hallo Bergmuffl. Da hast du recht – nach einigen weiteren Touren und einer noch intensiveren Beschäftigung mit der „Hitliste“ muss ich dir Recht geben. Ich habe meinen Fehler herausgenommen.
      Danke für den Hinweis.

Was meinst du dazu...